Geschichten weiterverarbeiten und zu neuen Mustern zusammenfügen hat für mich etwas Versöhnliches, Heilsames. Durch das Weben mit Wolle bekommen die neu entstehenden Geschichten etwas Wärmendes. Sie werden nicht zur Abgrenzung erzählt, sondern um Verbindung herzustellen.
Die Geschichte mit Federn spricht über Sehnsucht: fliegen können, frei wie ein Vogel sein und über den bekannten Horizont hinausgehen. Hineingewebt habe ich außer Liedzeilen auch Textstücke aus einem Buch über die Geschichte der Raumfahrt.
In der gewebten Geschichte mit Zweigen geht es ums Grünen und Wachsen. Vielleicht ist es eine Geschichte über den Frühling.Auf flickr gibt es noch ein verwebtes Foto von mir zu sehen, und ein Muster aus verwebten Plastiktüten.
weiterwachsen
Wenn Moos über die Worte wächst
und dann Gras über die ganze Geschichte,
kommen vielleicht noch Löwenzahn, Klee,
Bienen, Schmetterlinge,
eine Schafherde und
was war nochmal so schlimm daran,
wenn einem etwas über den Kopf wächst?
Das Buch, aus dem die Geschichte heraus wächst, ist Teil einer Installation, an der ich gerade arbeite. Das Netz aus zusammengenähten Papierkreisen soll noch länger werden und an der Wand nach oben ranken.
Vernissage: DDR-Bücher machen sich selbständig
Am 12. März wurde endlich meine Ausstellung „DDR-Bücher machen sich selbständig“ im Combinat 56, München eröffnet. Es gab eine schöne, stimmungsvolle Feier in den Räumen, in denen tagsüber Selbständige allein oder miteinander arbeiten. Ein Spassfaktor waren unter anderem die schicken 80er Jahre-Outfits mit den dazugehörigen Geschichten. Unten links erzählt Combinat-Chefin Sina Brübach gerade die Geschichte von ihrem Exquisit-Kleid…
Ein Höhepunkt des Abends war für mich der Auftritt der Chorworker. Mit Leidenschaft und Freude trug der Selbständigen-Chor unter Leitung von Sebastian Frank „Über sieben Brücken“ vor, ein Lied wie gemacht für meine verwandelten DDR-Bücher! Anschließend startete „Major Tom“ und machte aus einem Lieblingslied der 80er eine frische Musikperformance…
Ich habe mich über die vielen Gäste gefreut, die interessanten Gespräche … nicht nur meine Buchobjekte kamen gut an, auch die kulinarische Versorgung (sehr lecker!) im Combinat 56 bekam viel Lob. Vielen Dank allen, die gekommen waren und die an diesem Abend mitgewirkt haben! Ein Riesen-Dankeschön an Sina, die diese Ausstellung möglich gemacht und uns – trotz Mandelentzündung ! – eine tolle Party beschert hat.
Noch bis Ende April können die DDR-Bücher zu normalen Bürozeiten und Veranstaltungen im Combinat 56 besichtigt werden. Eventuell vorher im Raumbelegungsplan checken, ob die großen Meetingräume („Ideenschmiede“ und „Großer Salon“) gerade belegt sind.
Alle Fotos der Vernissage sind von Christine Seidel. Mehr Fotos von der Ausstellung gibt es auf flickr.
Aufbau
Noch zwei Tage bis zur Vernissage. Zwei fast entspannte Tage, denn die Bilder und Objekte haben Udo und ich bereits letzte Woche im Combinat 56 aufgehängt. Fotografin Simone Naumann hat uns dabei ein bisschen zugesehen und tolle Fotos gemacht…
Ein Schwerpunkt in Simone Naumanns Fotografie ist das Geschichtenerzählen mit Bildern. Sehr passend zu meinen veränderten Büchern! Noch mehr Fotos vom Aufbau gibt es auf der Facebook-Seite vom Combinat zu sehen.
Eiskalte Geschichten
Dein frostiges Lächeln –
vielleicht die Spitze eines Eisbergs, der schmilzt.
Denn
nur kühl kann sie sein, die Einladung,
der Spur deines Mammuts zu folgen.
Nachdem ich Geschichten in Wachs konserviert habe, lag es nahe, mit Eis zu arbeiten. Gefrorenes Wasser fängt in der Wohnung sofort an zu schmelzen – das passt gut zu den Geschichten, die auch in ständiger Veränderung sind. Erinnerungen einzufrosten muss ganz schön viel Energie kosten.
Mehr Fotos von eiskalten Geschichten gibt es im flickr-set zu sehen.
Vernissage im Combinat 56
Der Drang zur Selbständigkeit erfasst Bücher: Sie beenden alte Geschichten, stoppen den Wortschwall und buchstabieren Wandlung in ihrer eigenen Sprache. Im Combinat 56, einem Büro und Treffpunkt für Selbständige in München, zeige ich vom 12. März bis Anfang Mai DDR-Bücher in verschiedenen Stadien der Verselbständigung: Einige sind mitten im Aufbruch, andere haben organische Formen angenommen.
Die Vernissage findet am Mittwoch, 12.3.14 ab 19 Uhr im Combinat 56 statt. Es singen die Chorworker und der DJ lässt die 80er Jahre hochleben. Alle sind herzlich eingeladen – wer sich traut, kommt im passenden Outfit! Eine Anfahrtsbeschreibung zur Adams-Lehmann-Str. 56 in Schwabing findet ihr hier.
Nach der Vernissage sind meine Papierarbeiten aus DDR-Büchern zu den normalen Büro-Öffnungszeiten, Mo-Fr von 9 bis 19 Uhr zu besichtigen.
Geschichten im Ruhezustand
Wenn ich Bücher und ihre Geschichte(n) bearbeite, geht es immer um Veränderung, um eine Form von Bewegung und Weiterentwicklung. In dem Moment, wo die Geschichten betrachtet werden, sind sie jedoch immer in Ruhe. Selbst eine beliebige Seite Text strahlt ein beruhigendes Muster aus, wenn man der Versuchung, die Wörter zu lesen, widersteht.
Die hängende „Geschichte im Ruhezustand“ soll sich noch weiter ausdehnen. Und damit auch die Ruhe, die es braucht, um die einzelnen Teile zusammenzufügen. Interessanterweise sehen die einzelnen Komponenten aus, wie unbekannte Schriftzeichen, eine Mischung aus Runen und modernem Schriftdruck. Eine Schrift an der Wand, die nicht lesend erfasst werden soll.
Vorbereitungen: DDR-Bücher machen sich selbständig
Die Vorbereitungen für meine kommende Ausstellung gehen in die heiße Phase. Die Vernissage ist am 12. März 2014 im Combinat 56, Münchens kreativem Coworking-Büro.
DDR-Bücher machen sich selbständig. Unter diesem Thema zeige ich Papierarbeiten aus Büchern der DDR. Teilweise stammen sie aus meiner eigenen Kindheit oder wurden gerade noch vor der Mülltonne gerettet.
25 Jahre nach der Wende treten die Bücher aus der Passivität und erfinden sich neu: Sie brechen auf, beenden den Wortschwall und verkörpern ihre Botschaft mit Gesten und Mustern. Sie versöhnen sich mit ihrer Geschichte und machen Vorschläge für die Zukunft.
Diese Bücher haben viel mit mir und den Bewohnern der DDR gemeinsam. Doch die Erfahrung des Selbständigwerdens verbindet sie mit allen, die sich freiwillig oder unfreiwillig an einem Wendepunkt finden.
Lücken wurden gefüllt
Aus der Verfassung
Ich habe die Verfassung der DDR geändert. Tote, abstrakte Wörter habe ich herausgeschnitten. Nur in wenigen Worten war noch Leben, manchmal nur ein oder zwei sprechende Wörter auf einer Seite. Mit rotem Faden habe ich ihnen Halt gegeben.
Jetzt ist der Text in einer fast transparenten Verfassung, selbst die Gebundenheit der Gedanken darin ist bloßgelegt. Die Geschichte des neuen Textes ist nicht ausgelöscht, sie bleibt auf den Rückseiten der verbliebenen Wörter erhalten.
Hier seitenweise die Worte der geänderten Verfassung:
/KAPITEL 1, Politische Grundlagen/
in Stadt und Land im unteren Teil umschlungen
die Freiheit eines anderen Volkes
Die Bodenschätze, die Bergwerke, Kraftwerke, Talsperren und großen Gewässer, die Naturreichtümer des Festlandsockels sind grundsätzlich
Luft der Heimat
Werte als Sache der Körperkultur
/ABSCHNITT II, Bürger und Gemeinschaften in der Gesellschaft/
Jede Jeder
Mann und Frau
befreit
geheimnis
vorhandene Unverletzbarkeit
Die Kirche ihrer Muttersprache
/KAPITEL 3, Die Gewerkschaften und ihre Rechte/
Sie nehmen teil an der Revolution
/KAPITEL 4, Die Produktionsgenossenschaften und ihre Rechte/
freiwillig
/KAPITEL 1, Die Volkskammer/
verwirklicht Entwicklung
für die Dauer der Sorge
Tatsache der Anwesenheit
am 60. Tage am 45. Tage am 15. Tage
/KAPITEL 2, Der Staatsrat/
nach der Neuwahl
schreibt Fragen
/KAPITEL 3, Der Ministerrat/
Er erläßt Namen
zur gemeinsamen Wahrnehmung
/ABSCHNITT IV, Gesetzlichkeit und Rechtspflege/
Leben unmittelbar
unabhängig – gebunden
gehört werden
die Entscheidung zu wenden
Die Verfassung geändert
in Kraft.
Einige Verfassungsseiten habe ich einzeln geändert – sie sind hier und hier zu sehen. Die herausgeschnittenen Wörter der Verfassung habe ich zu Modellen für eine organisch geformte Konstitution geformt.